Gründung der Löscheinheit Auf dem Schnee
Wie bei vielen Feuerwehren im Lande war auch die Gründung der Freiwilligen Feuerwehr Witten, Löscheinheit Auf dem Schnee, keine freiwillige Angelegenheit.
Die Gründung geht nicht auf ein Bürgerbegehren oder eine - bewegung, wie z.B. bei Sportvereinen zurück.
Vielmehr wurde schon sehr früh erkannt, dass es besondere Umstände erforderlich machten eine eigene Feuerwehreinheit „Auf dem Schnee“ zu installieren.
Im Jahre 1910 wurden die Bürger der Ortschaft „Auf dem Schnee“, damals noch zum Landkreis Hörde gehörend, durch Polizeiverordnung vom 25.11.1907 aufgefordert, eine Freiwillige Feuerwehr zu gründen.
Andernfalls müsste eine Brandwehr aufgestellt werden und alle einsatzfähigen Männer zwischen 18 und 60 Jahren würden zur Teilnahme gezwungen.
Da bei der ersten Zusammenkunft der Bürger eine Einigung nicht erzielt werden konnte, sollte ein Entscheid acht Tage später, am 01.04.1910 erfolgen.
Obwohl zunächst wenig Interesse bestand, nutzten acht verantwortungsbewusste Männer die Zeit um Mitglieder zu werben.
Am 01.04.1910 konnte dann doch eine Freiwillige Feuerwehr gegründet werden. Auf die Aufstellung einer Brandwehr wurde verzichtet, und den Bürgern wurde auf diesem Wege vermutlich einiges erspart.
Es war kein leichter Anfang. Die 25 Gründungsmitglieder hatten um Akzeptanz zu kämpfen.
In der Gründungsversammlung wurden zum 1.Brandmeister Fritz Manns und zum Steigermannschaftsführer Ewald Benninghoff gewählt.
Kein leichter Start für die neue Wehr
Wer die Verhältnisse „Auf dem Schnee“ kennt und die damaligen Verhältnisse von 1910 berücksichtigt, kann sich ausmalen, welche Schwierigkeiten bei Bränden damals zu überwinden waren!
Die junge Wehr war zunächst auf Selbsthilfe angewiesen. Große Zuschüsse waren nicht zu erwarten.
Die ersten Arbeitsanzüge und Uniformen wurden nahezu aus eigenen Mitteln bestritten. Es fehlten selbst die primitivsten Erleichterungen, die die Feuerwehrarbeit hätten unterstützen können.
Bereits ein Jahr nach Gründung wurde von der jungen Wehr alles gefordert.
Im Jahr 1911 brannten rund ein dutzend Häuser und Höfe nieder. Diese Anzahl an Bränden war beängstigend.
Für die Feuerwehrmänner waren es harte Proben, die aber im Rahmen des Möglichen bestanden wurden.
Es gab keine Wasserleitungen. Das Löschwasser musste mit einer vorsintflutlichen Handpumpe aus Brunnen geholt werden.
Diese geleistete harte Arbeit zum Wohle der Bürger fand seine Anerkennung. Die Feuerwehr Auf dem Schnee wuchs in der Folge auf stolze 100 Männer an.
Durch den Mannschaftszuwachs besserte sich auch die finanzielle Lage und es konnte von der Firma Mayer in Hagen eine neue Spritze gekauft werden. Je zur Hälfte wurde die Spritze von der Gemeinde und der Wehr finanziert.
Als im Jahre 1914 der erste Weltkrieg ausbrach, wurde ein großer Teil der Feuerwehrkameraden einberufen. Unter ihnen waren auch der Brandmeister Fritz Manns und der Steigermannschaftsführer Ewald Benninghoff.
Beide sind im Oktober 1914 gefallen.
Nachkriegszeit des 1. und 2. Weltkrieges
Bis 1917 einige jüngere Kameraden aus dem Krieg heimkehrten, übernahm trotz seines hohen Alters Ludwig Klostermann die Führung der Wehr.
Danach übernahm Brandmeister Gustav Pferdekämper, unterstützt von seinem Vertreter Franz Schilling, die Führung der Wehr.
Die Wehr erlebte unter dieser Führung, unterstützt durch die tatkräftige Hilfe ihrer Kameraden einen besonderen Aufschwung.
Mit Vollendung seines 60. Lebensjahres wurde Gustav Pferdekämper 1939 in den Ruhestand verabschiedet.
Sein Nachfolger wurde Brandmeister Heinrich Goldschmidt, der später zum Hauptbrandmeister befördert wurde.
Heinrich Goldschmidt hat lange Jahre hindurch neben seinem Dienst als Löschzugführer auch das Amt des stellvertretenden Stadtbrandmeisters bekleidet.
Bei der Eingemeindung der Gemeinde Rüdinghausen - Schnee nach Annen im Jahre 1923 behielt die Wehr ihre Selbstständigkeit. Als 3. Löschzug wurde die Wehr dem Oberbrandmeister in Annen unterstellt.
Seit 1927 verfügt die Wehr über ein eigenes Feuerwehrgerätehaus. Wurden bis dahin die Gerätschaften an verschiedenen Stellen, unter anderem in einem Schuppen der damaligen Hauptwache, der Gaststätte Schneeglöckchen aufbewahrt, gab es nun erstmals eine zentrale Anlaufstelle.
1929 erfolgte die Eingemeindung nach Witten. Hierbei wurde unsere Wehr als selbstständiger Löschzug in den Kreisfeuerwehrverband aufgenommen und auch von dort betreut.
Die Motorisierung begann schon im Jahr 1935. Es wurde ein Achtsitzer-Personenwagen mit Anhängervorrichtung für den Transport der Spritze in Dienst gestellt.
Im Jahr 1942 erhielt die Wehr ein erstes Löschgruppenfahrzeug. Ein LF-8 auf Mercedesfahrgestell mit einem Anhänger, auf dem eine Tragkraftspritze mitgeführt wurde, die 800l/Minute fördern konnte.
Dieses Fahrzeug wurde während des zweiten Weltkrieges mit seiner Mannschaft sehr häufig zu Brandeinsätzen im gesamten Stadtgebiet eingesetzt.
Einer der schwärzesten Tage in der Geschichte unserer Wehr ist der 11.April 1945.
Bei Löscharbeiten an einem Militärfahrzeug vor dem Hause Wehram, Ardeystraße 331 kam es zu einer Explosion. Die Kameraden Hugo Brinkmann, Kurt Hess und Wilhelm Weitenkamp verloren ihr Leben. Einige Kameraden wurden schwer verletzt.
Die Technik schritt voran. Am 30.November 1959 wurde eine neue Tragkraftspritze – TS8/8 vom Kreisbrandmeister an die Wehr übergeben.
Das alte LF8 wurde am 01.02.1959 durch ein neues auf Opelfahrgestell mit Vorbaupumpe ersetzt.
Im Jahr 1961 erfolgte der Anbau eines Aufenthaltsraumes und einer Toilette an das Gerätehaus.
Bereits am 11.09.1964 befand der damalige Feuerwehrausschuss der Stadt Witten diesen Zustand als unbefriedigend.
Der Aufenthaltsraum für 20 Feuerwehrkameraden war mit 18m² zu klein.
Die Tordurchfahrt von 2.46m war zu schmal und die Stellplatzgröße ließ nur das unterstellen von Kleinfahrzeugen zu.
Nennenswerte bauliche Änderungen waren bis zum Abriss am 26.10.1992 lediglich der Einbau von Bädern für die Mieter und eine Heizungsanlage.
Durch die Verpflichtung zur Mitarbeit im Zivilschutz wurde dem Löschzug erstmals ein zweites Löschfahrzeug zur Verfügung gestellt. Es handelte sich um ein TLF8-8 auf einem Mercedes- Unimog- Fahrgestell. Die Übergabe erfolgte am 14.06.1966.
Am 18.03.1967 wurde der Löschzugführer Heinrich Goldschmidt in die Alters- und Ehrenabteilung verabschiedet. Für seine Verdienste um den Löschzug wurde er zum Ehrenlöschzugführer ernannt.
Die Nachfolge übernahm Hauptbrandmeister Hans Overhoff. Als sein Stellvertreter stand ihm Oberbrandmeister Heinz Bergmann zur Seite. Hans Overhoff war zudem viele Jahre als Geschäftsführer der Freiwilligen Feuerwehr Witten tätig.
In 1980 konnte ein an unserem Löschzug übergebenes TLF8-18 nicht übernommen werden. Die vorhandene maximale Tordurchfahrt ließ das Unterstellen dieses Fahrzeug nicht zu. Als Ersatz für das nunmehr 22 Jahre alte Löschgruppenfahrzeug wurde am 26.07.1981 ein neues LF8 auf Mercedes-Benz-Fahrgestell der Fa. Schlingmann an den Löschzug übergeben.
Im Laufe des Jahres 1990 wurde die Beladung um Komponenten für die einfache technische Hilfeleistung ergänzt.
Das TLF8-8 (Katastrophenschutz) wurde am 02.01.1988 altersbedingt ausgemustert und durch einen Mannschaftstransportwagen – MTW ersetzt.
Im März 1989 fand erneut ein Führungswechsel in unserem Löschzug statt.
Der heutige Stadtbrandinspektor Achim Bierhoff übernahm das Amt des Löschzugführers von Hauptbrandmeister Hans Overhoff. Unterstützung in den letzten Jahren fand er in seinen Stellvertretern Wolfgang Hülsewig, Martin Reschke oder Athanassios Thanos.
Seit März 2008 bekleidet dieses Amt Oberbrandmeister Marcus Schrick. 2006 wurde Achim Bierhoff von den Löscheinheitsführern zum Sprecher der Freiwilligen Feuerwehr Witten gewählt.
Neubau des Feuerwehrgerätehauses
Zurück zu unserem Gerätehaus. Infolge des bereits 1964 festgestellten Zustandes wurden in den folgenden Jahren immer wieder Umbau- und Neubaupläne entwickelt. In den Jahren 1987 bis 1989 mussten zweimal beantragte und zugeteilte Landeszuschüsse zurückgegeben werden. Nachdem 1990 erneut, nunmehr ein dritter Zuwendungsbescheid vorlag, entschloss man sich, nachdem erneute Umbaupläne den finanziellen Rahmen sprengten, auf die Pläne der Rettungswache in Herbede zurück zu greifen.
Dieser Plan wurde von allen Entscheidungsträgern begrüßt, so dass im Oktober 1992 mit dem Neubau begonnen werden konnte, nach dem am 26.10.1992 endlich der lang ersehnte Abriss des in 1927 erbauten Feuerwehrgerätehauses vollzogen war.
Über 10 Monate war das Gerätehaus unbewohnt. Dieser ungewöhnliche Zustand erlaubte ungeahnte Möglichkeiten für die Ausbildung. Unter Einsatzbedingungen wurden Einsätze simuliert und Innenangriffe geprobt.
Während der Bauphase konnte das Löschgruppenfahrzeug in einer angemieteten Garage der Familie Klingelhöfer untergestellt werden. Die Einsatzfähigkeit konnte somit aufrechterhalten werden. Für die Unterrichtsstunden stellten die Sportfreunde Schnee ihr „Sportlerheim“ (Gebäude ohne Heizung) zur Verfügung. Es wurde sehr viel Engagement und Ausdauer von den Kameraden benötigt, um diese Zeit zu überbrücken.
Am 29.Oktober 1993 wurde dann endlich das neu erbaute Feuerwehrgerätehaus „Auf dem Schnee“ offiziell durch den Bürgermeister seiner Bestimmung übergeben.
1996 konnte erstmals den örtlichen Gegebenheiten Rechnung getragen werden. Fahrzeugumsetzungen innerhalb der Feuerwehr Witten erlaubten den Austausch des Mannschaftstransportfahrzeuges durch ein geländegängiges Tanklöschfahrzeug (TLF8-18) auf IVECO- Fahrgestell.
Zeit nach dem Jahrtausendwechsel
Um den Bestrebungen der Aufsichtbehörde der Stadt Witten Rechnung zu tragen, musste die Abwickelung finanziellen Strukturen auch innerhalb unserer Löscheinheit verändert werden.
Aus diesem Grunde wurde im Jahr 2005 der Förderverein der Feuerwehr Auf dem Schnee e.V. gegründet. Zum 1.Vorsitzenden wurde Richard Koch gewählt.
Dem demographischen Wandel entgegenzusteuern, selbst Nachwuchs heranzuführen war eine erneute Herausforderung. Einstimmig beschloss die Löscheinheit auf ihrer JHV am 25.05.2007 die Gründung einer Jugendfeuerwehrgruppe Auf dem Schnee.
Zum Jugendgruppenleiter wurden im Verlauf der Zeit Marcus Schrick, Dieter Zierenberg, Jens Knoth und Julian Böth (amtierend) ernannt.
Um den ständig steigenden Ansprüchen an die Feuerwehr gerecht zu werden, wurde am 24.12.2009 das TLF-8/18 unserer Löscheinheit gegen modernste Feuerwehrtechnik ausgetauscht.
Das Tanklöschfahrzeug wurde gegen ein neues Großfahrzeug mit Hilfeleistungssatz ersetzt. Das Hilfeleistungslöschgruppenfahrzeug 20/16 wurde Anfang 2010 durch einen Mannschaftstransportfahrzeug (MTW) ergänzt.
Den bisher letzten Wechsel in der Löscheinheitsführung gab es im März 2011. Der Kamerad Achim Bierhoff übergab nach 22 Jahren das Zepter an Oberbrandmeister Marcus Schrick.
Unterstützt wird er seit dem von Jens Knoth und Karsten Bockau als stellvertretende Löscheinheitsführer.
Im Jahr 2014 musste der Kamerad Karsten Bockau das Amt als stellvertretender Löscheinheitsführer aus beruflichen Gründen niederlegen.
Neue Aufgabe innerhalb der Feuerwehr Witten
Seit dem 22.04.14 verfügt die Löscheinheit Auf dem Schnee über eine Sonderaufgabe innerhalb der Feuerwehr Witten. Als Unterstützungseinheit für die Sondereinsatzgruppe Umweltschutz (SEG - U) wird die Löscheinheit bei jedem ABC - Einsatz (Einsätze mit atomaren, biologischen und chemischen Stoffen und Gefahren) mitalarmiert.
Am 27.04.2015 hat uns alle die Nachricht über den Tod unseres Kameraden der Ehrenabteilung, unseren 1. Vorsitzenden des Fördervereins und Getränkewartes Riachard Koch erschüttert. Er ist im jungen Alter von 65 Jahren leider viel zu früh von uns gegangen.
"Richi, wir werden Dich vermissen und Dich stets in lebendiger Erinnerung halten."
Zum neuen 1. Vorsitzenden wurde der langjährige Löscheinheitsführer Achim Bierhoff gewählt.
Die im Spätsommer 2015 nach Deutschland einsetzende Flüchtlingsstrom hat auch uns im Rahmen unserer Unterstützungstätigkeit der Sondereinsatzgruppe Umweltschutz (SEG U)stark beansprucht. Im Rahmen der Amtshilfe waren wir im Kreisgebiet bei den Neuaufnahmen von Flüchtlingen in den Notunterkünften eingesetzt. Insgesamt leisteten wir ehrenamtlich 256 Mannstunden.
Als unsere Jahreshauptversammlung im März 2020 kurz vorher abgesagt wurde, war uns allen noch nicht bewusst, dass uns die Corona-Pandemie über Jahre begleiten wird. Der Übungsdienst wurde mehrfach zeitweise eingestellt, um eine Ausbreitung des Virus einzudämmen und die Einsatzbereitschaft nicht zu gefährden. Mittlerweile stehen wir im Dezember 2021 vor der fünften Welle der Pandemie und hoffen erneut, dass nach dem Winter wieder Normalität auf lange Sicht eintritt.
Unwettereinsätze
Den Klimawandel macht sich auch seit einigen Jahren im Einsatzgeschehen der Feuerwehr bemerkbar. Die Anzahl der Unwettereinsätze wegen Sturm und Starkregen nehmen gefühlt von Jahr zu Jahr zu.
Der Höhepunkt war hierbei der 14./15.07.2021. Ein überregionales Starkregenereignis sorgte für plötzlich anschwellende Bäche und Flüsse, die zu reißenden Fluten wurden. In Teilen von Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz wurden sogar ganze Ortschaften ein Raub der Wassermassen. Leider waren neben den hohen Sachschäden (13 Milliarden in NRW) auch viele Tote (mehrere Hundert) zu beklagen.
Auch die Ruhr überflutete ihren Flusslauf, so dass auch in Witten Bürger gerettet werden mussten. Die ganze Feuerwehr Witten war über Tage hinweg im Einsatz. Die Kameraden der Löscheinheit Auf dem Schnee waren bis zu 30 Stunden im Dauereinsatz.
Wir sind eine Teileinheit der Feuerwehr Witten, die nicht durch zahlreiche spektakuläre Einsetze auf sich aufmerksam macht, vielmehr versehen wir unauffällig, immer präsent und hoch motiviert unseren Dienst für die Bürger dieser Stadt.
Parallel versuchen wir ein Teil des gesellschaftlichen Lebens „Auf dem Schnee“ zu sein.